Jing Haipeng (chinesisch 景海鵬 / 景海鹏, Pinyin Jǐng Hǎipéng; * 24. Oktober 1966 in Yanhu, Provinz Shanxi) ist ein chinesischer Kampfpilot und Raumfahrer. Seit Dezember 2021 ist er Kommandant des Raumfahrerkorps der Volksbefreiungsarmee.[1]
Jing Haipeng wurde am 24. Oktober 1966 im Dorf Dongyangjiazhuo (东杨家卓村) der damaligen Volkskommune Anyi (安邑公社) im Stadtbezirk Yanhu von Yuncheng, ganz im Süden der zentralchinesischen Provinz Shanxi geboren. Sein Vater Jing Kaoxi (景靠喜) und seine Mutter Wang Zhenling (王珍玲) waren alteingesessene Landwirte, die hofften, dass ihr Sohn, der älteste von drei Geschwistern,[2] eines Tages ein besseres Leben haben würde. Schon als Jugendlicher hatte Jing Haipeng davon geträumt, Pilot zu werden. Als die Luftwaffe 1984 am Anyi-Gymnasium (安邑中学) fliegendes Personal suchte,[3][4] meldete er sich freiwillig, scheiterte dann aber an der körperlichen Einstellungsprüfung – er hatte von der Abiturvorbereitung blutunterlaufene Augen. Jing Haipeng, der eigentlich ein guter Sportler war – er war in der Basketballmannschaft seiner Schule – nahm sich das sehr zu Herzen, ging nicht mehr aus dem Haus und erlangte dadurch auch nicht das Abitur.[2]
Nach der Auflösung der Volkskommune im Oktober 1983 verfügte sein Vater nicht über das Einkommen, um alle drei Kinder in die Schule zu schicken, und er hätte es gerne gesehen, wenn sein ältester Sohn nun einer Erwerbstätigkeit nachging. Der Dorfelektriker überredete ihn jedoch, Haipeng noch für ein Jahr die Schule besuchen zu lassen. Jing Haipeng wechselte an das Xiezhou-Gymnasium (解州中学) von Yanhu.[2][5] Im folgenden Jahr, er stand wieder kurz vor dem Abitur, kamen Offiziere der 2. Grundausbildungsschule der chinesischen Luftwaffe Baoding an das Gymnasium, um Piloten zu rekrutieren. Jing Haipeng meldete sich erneut. Diesmal waren nicht nur seine Eltern dagegen, sondern auch sein Klassleiter empfahl ihm, angesichts seiner guten schulischen Leistungen lieber an eine reguläre Universität zu gehen. Jing Haipeng begab sich jedoch heimlich zur Musterungsstelle auf dem Luftwaffenstützpunkt Yuncheng. Diesmal bestand er alle Untersuchungen und wurde im Juni 1985 zusammen mit seinem späteren Raumfahrerkollegen Zhang Xiaoguang in Baoding in die Volksbefreiungsarmee aufgenommen.[6]
Nach dem Abschluss einer dreijährigen Grundausbildung wechselte er 1988 an die 12. Pilotenakademie der Luftwaffe (空军第十二飞行学院), die ihren Hauptsitz in Linfen hatte.[7] Jing Haipeng kam jedoch zum in Yuncheng stationierten Ausbildungsregiment 1 der Akademie, wo er auf einem propellergetriebenen Schulflugzeug vom Typ Nanchang CJ-6 (初教6) mit der Flugausbildung begann. Parallel dazu musste er schwimmen lernen, etwas, wozu er im ländlichen und sehr trockenen Shanxi keine Gelegenheit gehabt hatte. Jing Haipeng stieg bald zum Gruppenführer in seiner Ausbildungsstaffel auf. Er war einer der ersten in seinem Jahrgang (48 Pilotenanwärter in vier Staffeln), denen gestattet wurde, alleine zu fliegen. Nach seinem Abschluss im Jahr 1990 schlug die Schulleitung vor, dass er als Ausbilder an der Akademie bleiben sollte. Jing Haipeng wollte jedoch Strahlflugzeugführer werden und machte noch eine einjährige Ausbildung auf dem zweisitzigen Strahltrainer MiG-15UTI. Danach wurde er im Juni 1991 nach Wuxi versetzt,[8][9] wo er das Jagdflugzeug Shenyang J-6 flog.[2] Am 7. November 1993 heiratete er in Wuxi die Luftwaffensoldatin Zhang Ping (张萍),[3] im August 1997 wurde ihr Sohn Jing Yufei (景宇飞, „Weltraumflieger“) geboren.[10][11]
Im Oktober 1995 begannen Experten der damaligen Kommission für Wissenschaft, Technik und Industrie für Landesverteidigung und der Luftstreitkräfte der Volksrepublik China mit der Auswahl von Raumfahrerkandidaten für das am 21. September 1992 gestartete bemannte Raumfahrtprogramm der Volksrepublik China. Dies sollte an sich im Stillen und zunächst allein über die Personalakten geschehen, aber Anfang 1996 hörte Jing Haipeng in der Kaserne von dem Projekt. Unverzüglich meldete er sich freiwillig. Mittlerweile war er Oberst und im Stab seines Regiments für die Navigation zuständig.[12] Aber er hatte insgesamt 1200 unfallfreie Flugstunden absolviert – wofür ihm das Tätigkeitsabzeichen Militärluftfahrzeugführer der Stufe I verliehen wurde – und damit doppelt soviele Flugstunden wie für Raumfahrerkandidaten gefordert.[13] Nach einem mehrstufigen Auswahlprozess wurde er am 5. Januar 1998 in das Raumfahrerkorps der Volksbefreiungsarmee aufgenommen.
Fünf Jahre lang trainierte Jing Haipeng zusammen mit seinen Raumfahrerkollegen für Chinas ersten bemannten Raumflug im Herbst 2003. Am Ende waren es dann jedoch Zhai Zhigang, Nie Haisheng und Yang Liwei, die in die finale Auswahl für den Flug kamen. Am 15. Oktober 2003 hob Yang Liwei mit dem Raumschiff Shenzhou 5 als erster Chinese ins All ab.[14] Im Juni 2005 wurden Jing Haipeng und sein Partner Liu Boming als eine der drei möglichen Mannschaften für die Mission Shenzhou 6 ausgewählt – die Raumfahrer übten für diesen Flug in festen Zweiergruppen – bei der dann aber im Oktober jenen Jahres Fei Junlong und Nie Haisheng fast fünf Tage im All verbrachten.[13]
Am 25. September 2008 startete Jing Haipeng schließlich zusammen mit Zhai Zhigang und Liu Boming mit dem Raumschiff Shenzhou 7 ins All. Shenzhou 7 war der dritte bemannte Weltraumflug Chinas und der erste, bei dem ein Weltraumausstieg durchgeführt wurde. Jings Aufgabe bei diesem Flug war, die Systeme des Raumschiffs von der unter Druck stehenden Landekapsel aus zu überwachen, während Liu Boming von dem zum Weltall offenen Orbitalmodul aus Zhai Zhigang bei dessen Außenbordeinsatz assistierte.
Danach war Jing Haipeng Kommandant des Raumschiffs Shenzhou 9, das am 16. Juni 2012 zum Raumlabor Tiangong 1 startete. Er war damit der erste chinesische Raumfahrer, der mehr als einen Raumflug absolvierte. Zu seiner Mannschaft gehörten Liu Wang und Liu Yang, die erste Chinesin im Weltall.
Am 16. Oktober 2016 startete Jing als Kommandant des Raumschiffes Shenzhou 11, zusammen mit seinem Landsmann Chen Dong, zu seiner dritten Mission. Die beiden verbrachten 29 Tage im Raumlabor Tiangong 2. Mit diesem Flug war Jing Haipeng der erste chinesische Raumfahrer, der dreimal ins All flog und hielt bis 2021 mit 47 Tagen im All den chinesischen Rekord.[15] Am 28. Juli 2017, wenige Tage vor dem 90. Gründungstag der Volksbefreiungsarmee, verlieh ihm Staatspräsident Xi Jinping in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Zentralen Militärkommission den Orden des 1. August (八一勋章), die höchste militärische Auszeichnung der Volksrepublik China.[16]
Neben seinem Raumfahrer-Training hatte Jing Haipeng seit 2013 an der Akademie für Elektronik und Informationstechnologie der Jiaotong-Universität Xi’an studiert,[17] wo er im September 2018 promovierte.[18]
Im Juli 2019 wurde Jing Haipeng, seit Ende 2013 Generalmajor,[19] zum Heer nach Baoding versetzt, wo er mit Wirkung vom 22. Juli 2019, dem Jahrestag des Pingjiang-Aufstands, stellvertretender Kommandeur der 82. Armee (中国人民解放军陆军第八十二集团军) wurde, auch bekannt als „Einheit 31677“ (31677部队).[20][21]
Am 1. September 1987, noch in seiner Zeit an der 2. Grundausbildungsschule in Baoding, war Jing Haipeng auf Wunsch seiner Eltern in die Kommunistische Partei Chinas eingetreten. Er bringt sich auch aktiv in die Parteiarbeit ein. So nahm er zum Beispiel im Oktober 2017 als Delegierter der Volksbefreiungsarmee am 19. Parteitag der KPCh teil, auf dem Xi Jinpings Ideen des Sozialismus chinesischer Prägung im neuen Zeitalter in das Parteiprogramm aufgenommen wurden.[14][22]
Mit Wirkung vom 1. Dezember 2021 kehrte Jing Haipeng im Alter von 55 Jahren zum Raumfahrerkorps zurück, nun jedoch nicht mehr als aktiver Raumfahrer. Stattdessen übernahm er von Nie Haisheng das Amt des Kommandanten des Raumfahrerkorps[23] und ist nun neben der Erstellung der Dienstpläne unter anderem für die Leitung der Pressekonferenzen mit den Raumfahrern zuständig.[24] Seit 2022 ist er auch stellvertretender Kommandant des Raumfahrersystems beim Büro für bemannte Raumfahrt..[25]
Personendaten | |
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NAME | Jing, Haipeng |
ALTERNATIVNAMEN | 景海鵬 (chinesisch); 景海鹏 (chinesisch); Jǐng, Hǎipéng (Pinyin) |
KURZBESCHREIBUNG | chinesischer Raumfahrer |
GEBURTSDATUM | 24. Oktober 1966 |
GEBURTSORT | Yanhu, Provinz Shanxi |