Das Wissenschaftsmodul Mengtian (chinesisch 夢天實驗艙 / 梦天实验舱, Pinyin Mèngtiān Shíyàncāng, deutsch Himmelstraum) ist das dritte Modul der Chinesischen Raumstation. Es wurde am 31. Oktober 2022 um 07:37 Uhr UTC mit einer Trägerrakete vom Typ Langer Marsch 5B vom Kosmodrom Wenchang gestartet.[1] Knapp 13 Stunden später, am 31. Oktober 2022 um 20:27 Uhr UTC, koppelte das Modul zunächst am vorderen Stutzen der Bugschleuse des Kernmoduls Tianhe an.[2] Nach gründlicher Überprüfung wurde es am 3. November 2022 an den Backbordstutzen der Bugschleuse umgesetzt, wo es um 01:32 Uhr UTC fest verankert wurde.[3]
Mengtian | ||||||||||||||||||||||
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Raumstation: | Chinesische Raumstation | |||||||||||||||||||||
Startdatum: | 31. Oktober 2022 | |||||||||||||||||||||
Trägerrakete: | Langer Marsch 5B | |||||||||||||||||||||
Masse: | 23 t | |||||||||||||||||||||
Länge: | 17,9 m | |||||||||||||||||||||
Durchmesser: | 4,2 m | |||||||||||||||||||||
Volumen: | 30 m³ (Wohnraum) | |||||||||||||||||||||
Benachbarte Module | ||||||||||||||||||||||
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Das von der Shanghaier Akademie für Raumfahrttechnologie gebaute Wissenschaftsmodul Mengtian[4] ist mit dem Drehgestell für die Solarzellenflügel insgesamt 17,9 m lang,[5] sein größter Durchmesser beträgt 4,2 m und sein Startgewicht 23 t.[1] Das Wissenschaftsmodul Mengtian besteht aus drei Abschnitten: die an die kugelförmige Schleusensektion des Kernmoduls anschließende Arbeitssektion mit einem Außendurchmesser von 4,2 m und einer Gesamtlänge von 9,3 m. Der eigentliche Innenraum der Arbeitssektion, also ohne Koppelmechanismus, Eingangsbereich etc., ist 6,6 m lang. Danach folgt die 4,5 m lange Nutzlast- und Schleusensektion mit einem Durchmesser von 4,1 m sowie eine 5,1 m lange, konisch zulaufende Versorgungssektion mit einem maximalen Durchmesser von 2,5 m,[6] an der die Solarmodule und die nach oben, zu den Tianlian-Relaissatelliten in ihren geostationären Umlaufbahnen gerichtete Parabolantenne für die Kommunikation mit dem Raumfahrtkontrollzentrum Peking befestigt sind. Außerdem befinden sich an der Versorgungssektion die Triebwerke des Moduls sowie an der zum Kernmodul zeigenden Seite des Konus die Treibstofftanks. Da die einzelnen Sektionen ineinandergreifen, ist die Summe ihrer Einzellängen größer als die Gesamtlänge des Moduls.
Die rotierenden Solarmodule sind mit denen des Wissenschaftsmoduls Wentian identisch: jede der beiden Sektionen ist 23 m lang, zusammen mit der Halterung in der Mitte besitzt die Stromversorgungseinheit eine Spannweite von 55 m. Mit 110 m² reiner Solarzellenfläche pro Flügel (inklusive des zentralen Leerstreifens hat ein Solarzellenflügel eine geometrische Ausdehnung von 138 m²) erzeugt die Einheit mindestens 13,5 kW,[2] bei guter Beleuchtung 14,6 kW.[7]
An der Nadir- und der Zenit-Seite der Schleusensektion befinden sich in Längsrichtung aufklappbare Türen von 2,0 × 2,5 m, auf deren Innenseite sowie – auf der Zenitseite – in dem Raum darunter jeweils acht, also insgesamt 24 Nutzlasten platziert und dem Weltall ausgesetzt werden können.[5] Insgesamt können außen an dem Modul 37 Nutzlastbehälter mit standardisierten Anschlüssen für Stromversorgung und Datenleitungen angebracht werden, in neun Regalen im Inneren des Moduls 13 Behälter.[8]
Das Wissenschaftsmodul Mentian dient der Forschung. In der Arbeitssektion befindet sich zwar ein Ruderergometer, aber keine Toilette. Mengtian verfügt auch über kein eigenes, separates Lebenserhaltungssystem, sondern wird über die Ringleitungen der Raumstation im Koppeladapter versorgt. Bei einem Notfall müssten sich die Raumfahrer in das Kernmodul Tianhe oder das Wissenschaftsmodul Wentian flüchten.[9]
Unmittelbar hinter der Eingangsluke des Wissenschaftsmoduls Mengtian befinden sich Schränke zur Aufbewahrung von Geräten und Material. Dahinter folgt ein Bereich, wo die Raumfahrer mit dem Ruderergometer und Expanderbändern Sport treiben können.[6] Danach kommen acht Laborschränke, wobei der Schwerpunkt auf Materialforschung und physikalischer Grundlagenforschung liegt:[10]
Ein wichtiges Forschungsfeld ist die Zeitgebung in der Schwerelosigkeit, was zum Beispiel für Navigationssatelliten im Tiefraum von Bedeutung ist.[13] Es soll eine verbesserte Version der Rubidium-Kaltatomuhr des Raumlabors Tiangong 2 – auf der Chinesischen Raumstation steht mehr elektrische Leistung für die Kühllaser zur Verfügung – mit einer Wasserstoff-Maser-Uhr und einer optische Uhr kombiniert werden, um so, ähnlich wie beim geplanten Atomic Clock Ensemble in Space für die Internationale Raumstation ISS, zu einem Zeitgeber zu kommen, der sowohl eine hohe Kurzzeit- als auch eine hohe Langzeit-Stabilität besitzt.[14][10]
Bis Oktober 2022 konnten an der Außenseite der Raumstation zu montierende Gegenstände nur von Raumfahrern persönlich durch die Luftschleusen gebracht werden. Zum einen war Größe und Gewicht der Gegenstände hierbei begrenzt, zum anderen stellten Außenbordeinsätze eine körperliche Belastung und ein Sicherheitsrisiko für die Raumfahrer dar. Daher wurde im Zentrum des zweite Modulabschnitts, Matrjoschka-artig umgeben von den Nutzlastträgern, eine Frachtschleuse angeordnet. Eine große Luke führt in eine zylindrische, 2,3 m lange Schleusenkammer von 2,2 m Durchmesser und einem nutzbaren Raum von etwa 8 m³, die auf der erdzugewandten Seite des Moduls eine quadratische Luke von 1,2 × 1,2 m besitzt, die ins All hinausführt.[6] Beide Luken sind so konstruiert, dass sie nicht gleichzeitig geöffnet werden können.
In der Schleusenkammer befindet sich eine Art „Gabelstaplermechanismus“ mit einer Tragkraft von 400 kg. Zuerst wird die Innenschleuse geöffnet, die Raumfahrer, nur bekleidet mit ihrem regulären Arbeitsanzug, befestigen einen Gegenstand von bis zu 1,15 × 1,2 × 0,9 m auf der Tragplattform des Gabelstaplers, die in die Arbeitssektion hineingestreckt wird. Der Gabelstapler holt den Gegenstand in die Schleuse, die Innentür wird geschlossen und die Schleusenkammer leergepumpt. Durch ihre im Vergleich zu den Personenschleusen relativ geringe Größe geht dies relativ schnell und ohne großen Luftverlust. Anschließend wird die Außentür geöffnet und der Gegenstand in der Regel mit einem der beiden mechanischen Arme der Station entnommen,[15] wenn nötig aber auch von Raumfahrern in Außenbordanzügen.[8][16] Auf dieselbe Art können zum Beispiel Nutzlastbehälter auch für Wartung oder Rücktransport zur Erde ins Innere der Raumstation gebracht werden.[9]
An Bord des Moduls befinden sich auch zwei transportable Startgeräte für einen Mikrosatelliten von bis zu 100 kg bzw. mehrere Cubesats mit einem Volumen von insgesamt 36 U, wobei ein U etwa 10 × 10 × 10 cm entspricht. Die Raumfahrer laden die per Frachter angelieferten Kleinsatelliten in den mit Federkraft arbeitenden Abschussmechanismus, der anschließend in der Frachtschleuse platziert wird. Der kleinere der beiden mechanischen Arme der Station greift von außen in die Schleuse, packt das Gerät und richtet es mit hoher Präzision in die gewünschte Richtung. Dann lösen die Raumfahrer von der Station aus per Fernsteuerung die Verriegelung der Feder (bei einem Mikrosatelliten)[6] oder öffnen den Schachtdeckel (bei Cubesats), und der Satellit wird weggeschleudert.[8]