New Horizons (englisch für Neue Horizonte) ist eine Raumsonde der NASA, die im Rahmen des New-Frontiers-Programmes am 19. Januar 2006 startete, um das Pluto-System und den Kuipergürtel zu erforschen. Am 14. Juli 2015 erreichte New Horizons als erste Raumsonde Pluto.[1] Außerdem passierte sie am 1. Januar 2019 das Kuipergürtelobjekt (486958) Arrokoth (damals noch inoffiziell: Ultima Thule). Die Sonde erforscht zudem weitere Kuipergürtelobjekte aus größerer Entfernung sowie die Heliosphäre.[2][3] Bei der Erforschung werden sieben verschiedene Instrumente eingesetzt: ein 6-cm-Teleskop, ein Ultraviolett-Spektrometer, eine hochauflösende CCD-Kamera, ein Radiowellenexperiment, ein Sonnenwind-Teilchen-Detektor, ein Ionen- und Elektronenspektrometer und ein Instrument zur Messung von Staubpartikeln.
New Horizons | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
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![]() New Horizons in der Montagehalle | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
NSSDC ID | 2006-001A | |||||||||||||||||||||||||||||||||
Missionsziel | Plutosystem, Kuipergürtel, HeliosphäreVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Missionsziel | |||||||||||||||||||||||||||||||||
Betreiber | National Aeronautics and Space Administration![]() | |||||||||||||||||||||||||||||||||
Trägerrakete | Atlas V (551)Vorlage:Infobox Sonde/Wartung/Traegerrakete | |||||||||||||||||||||||||||||||||
Aufbau | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Startmasse | 478 kgVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Startmasse | |||||||||||||||||||||||||||||||||
Instrumente | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Verlauf der Mission | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
Startdatum | 19. Januar 2006, 19:00 UTCVorlage:Infobox Sonde/Wartung/Startdatum | |||||||||||||||||||||||||||||||||
Startrampe | Cape Canaveral AFS, LC-41Vorlage:Infobox Sonde/Wartung/Startrampe | |||||||||||||||||||||||||||||||||
Enddatum | Primärmission Ende 2016, Sekundärmission 2021Vorlage:Infobox Sonde/Wartung/Enddatum | |||||||||||||||||||||||||||||||||
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Logo der Mission | ||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Aktuell (3. November 2022) ist die Sonde ca. 54,497 Astronomische Einheiten (AE) von der Sonne entfernt, das sind etwa 8,15 Milliarden Kilometer.
Das Projekt wird vom Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland geleitet. Die Kosten einschließlich der Entwicklung und des Baus der Raumsonde sowie ihrer Instrumente, der Trägerrakete und des Missionsbetriebs bis zum Jahr 2016 betrugen etwa 700 Millionen Dollar.
New Horizons war die erste Raumsonde zur Erforschung Plutos. Da der Zwergplanet sehr weit von der Sonne entfernt ist, konnten selbst die stärksten Teleskope kaum Details auf seiner Oberfläche ausmachen. Die Auflösung der besten mit dem Hubble-Weltraumteleskop gewonnenen Aufnahmen erreichten nur 500 km pro Bildpunkt. Somit konnten Pluto und seine Monde nur durch Raumsonden näher studiert werden. Zum Startzeitpunkt galt Pluto noch als vollwertiger Planet und war als einziger Planet noch von keiner Raumsonde erforscht worden. Wenige Monate nach dem Start wurde die Definition für Planeten geändert und Pluto wurde nach dieser neuen Definition zu einem Zwergplaneten.
Die NASA unterteilte die Ziele der Hauptmission der Sonde in drei Prioritätskategorien.[4] Bei der Formulierung der Missionsziele waren die kleinen Monde noch nicht entdeckt.
Erforderlich:
Wichtig:
Wünschenswert:
Zu den Missionszielen gehörte auch die weitere Erforschung des Jupiters, an dem die Sonde im Februar und März 2007 vorbeiflog. Wolkenbewegungen wurden beobachtet, es wurde die Magnetosphäre des Planeten untersucht und Ausschau nach Polarlichtern und Blitzen in Jupiters Atmosphäre gehalten. Über die vier großen Galileischen Monde konnten nur wenige wissenschaftliche Daten gewonnen werden, da die Sonde sie in relativ großer Entfernung passierte.
New Horizons übertraf die Ziele aller Prioritätskategorien. Nach den Anforderungen der NASA hätte die Mission bereits als erfolgreich gegolten, wenn nur die als erforderlich eingestuften Missionsziele erreicht worden wären. Nicht untersucht wurde das Magnetfeld von Pluto und Charon, was als wünschenswert eingestuft wurde. Für eine sinnvolle Messung des vermutlich nur schwachen Magnetfelds hätte die gesamte Sonde nichtmagnetisch sein müssen und so wurde aus Kostengründen auf ein entsprechendes Instrument verzichtet.
Zusätzlich zu den formulierten Missionszielen tragen die Instrumente mit Langzeitbeobachtungen zur Erforschung des Sonnenwinds und der Heliosphäre bei.
Die NASA genehmigte Anfang Juli 2016 die Finanzierung einer Anschlussmission unter dem Namen Kuiper Belt Extended Mission (KEM) bis Ende 2021. Eines der Ziele dieser Mission war die Untersuchung des Kuipergürtel-Objekts (486958) Arrokoth, zum Zeitpunkt der Genehmigung noch unter der provisorischen Bezeichnung (486958) 2014 MU69. Als Ziele wurden genannt:[3]
Die Beobachtung dieses Asteroiden soll neue Erkenntnis über die Akkretionsprozesse und damit die Entstehung der Planeten und des Sonnensystems liefern. Vermutlich ist das Objekt mehr als vier Milliarden Jahre alt und befand sich seit der Entstehung in kalter Umgebung. Damit wäre es das ursprünglichste Objekt, das bis dahin von einer Raummission untersucht wurde.
New Horizons soll darüber hinaus als Beobachtungsplattform genutzt werden, um andere Objekte im Kuipergürtel und den umgebenden Weltraumbereich zu beobachten:
Alle Ziele zum Vorbeiflug an (486958) Arrokoth wurden erfüllt. Seither wird intensiv mit erdbasierten Teleskopen nach einem weiteren Objekt für einen Vorbeiflug gesucht.
Am 25. April 2022 wurde die Verlängerung der Mission um drei Jahre von 2023 bis 2025 bis in den Bereich von 63 AE bekanntgegeben.[6] Die Mission wird den sonnenfernen Standort nutzen, um die Heliosphärenstrahlung zu beobachten und sie wird das diffuse Licht der Hintergrundstrahlung im optischen Bereich und im UV-Bereich untersuchen. Die Instrumente sollen genutzt werden, um weitere Daten über die Atmosphären von Uranus und Neptun aus der Entfernung zu gewinnen. Die Treibstoffvorräte sollen dabei einen Weiterbetrieb für mindestens zwei Jahrzehnte sichern.[7]
Missionsziele:
New Horizons ist weiterhin voll funktionstüchtig und zeigte bisher keine Abnutzungserscheinungen, durchfliegt weiterhin den Kuipergürtel und wird schließlich die Randstoßwelle, die Heliopause und schließlich den interstellaren Raum erreichen.[9] Die Kommunikation zwischen der Sonde und den bestehenden Anlagen des DSN wäre bis zu einer Entfernung von mehr als 200 AE möglich. Diese Entfernung wird voraussichtlich um 2070 erreicht. Die Systeme der Sonde werden sich aber schon früher abschalten, weil nicht mehr genügend elektrische Energie verfügbar ist. An dieser Stelle wirkt sich die verringerte Beladung mit 238Pu aus. Die Energieversorgung wird laut Projekt-Forschungsleiter Alan Stern „bis ungefähr 2035, vielleicht einige Jahre länger“ ausreichen, was einer Entfernung von etwa 90 AE entspricht. Da Voyager 1 und 2 die Randstoßwelle (termination shock) bei 94 AE bzw. 84 AE erreichten, ist es wahrscheinlich, dass New Horizons zumindest bis hin zur Randstoßwelle Messungen vornehmen kann.[3] Die Heliopause hingegen wurde von den Voyager-Sonden bei ca. 120 AE durchquert, einer Entfernung, die New Horizons erst 2043 erreichen wird.[10]
Die Raumsonde hat etwa die Größe eines Konzertflügels und die Form eines Dreiecks mit einem zylinderförmigen Radioisotopengenerator (RTG), der an einer Spitze des Dreiecks angebracht ist. Außerdem verfügt sie über eine 2,1-m-Parabolantenne zur Kommunikation mit der Erde, die an einer Seitenfläche des Dreiecks befestigt ist. Der Sondenkörper ohne RTG und Antenne ist 0,7 m hoch, 2,1 m lang und 2,7 m breit. Die Gesamthöhe vom Nutzlastadapter bis zum oberen Ende der Antenne beträgt 2,2 m. Die Gesamtmasse inklusive 77 kg Treibstoff und 30 kg wissenschaftlicher Nutzlast beträgt 478 kg. Die ursprünglichen Planungen sahen eine Startmasse der vollbetankten Sonde von 465 kg vor; nach der Verifizierung der Leistung der neuen Atlas-V-Trägerrakete durch vorangegangene Starts konnte die Startmasse etwas vergrößert werden.
Das Swing-by-Manöver am Jupiter stand bis kurz vor Start zur Disposition; ein Flug ohne dieses Swing-by hätte nur eine etwa 20 kg geringere Startmasse der Sonde erlaubt, da die Trägerrakete bei einem direkten Start zum Pluto eine höhere Endgeschwindigkeit erreichen muss. Man hätte in diesem Fall die Menge des mitgeführten Hydrazins reduzieren müssen, damit wären auch die Möglichkeiten für Sekundärmissionen eingeschränkt worden.
Die tragende Struktur der Sonde besteht aus einem zentralen Aluminium-Zylinder, der den aus Titan gefertigten Treibstofftank beherbergt und als Nutzlastadapter zwischen Sonde und Trägerrakete sowie als Schnittstelle zwischen Sonde und RTG dient. Der RTG ist mit Hilfe eines vierseitigen Titansockels an der Raumsonde befestigt. Um die Masse der Sonde gering zu halten, sind die Paneele des Sondenkörpers aus Aluminium in Sandwichbauweise mit sehr dünnen Frontalplatten gefertigt (so dick wie zwei Lagen Papier). Elektronik und Instrumente sind um den Zylinder herum gruppiert, wobei die Anordnung der Systeme auf die Schwerpunktlage Rücksicht nehmen musste.
New Horizons kann sowohl drei-Achsen-stabilisiert als auch spinstabilisiert betrieben werden. Drei-Achsen-Stabilisierung wird während wissenschaftlicher Beobachtungen und System- und Instrumententests angewandt, Spinstabilisierung (normalerweise mit fünf Umdrehungen pro Minute) während der Kurskorrekturmanöver, während langer Funkkontakte mit der Erde, während der Flugperioden und im Ruhezustand (hibernation mode). Um eine Spinstabilisierung während des Flugs zu ermöglichen, wurde die Sonde vor dem Start genau vermessen und mit zusätzlich angebrachten Ausgleichsgewichten ausbalanciert.
Die Energieversorgung lässt sich bei sonnenfernen Missionen nicht mit Solarzellen erreichen. Die Sonde wird durch einen mit etwa 10,9 kg Plutonium-238 gefüllten Radioisotopengenerator (RTG) des Typs GPHS-RTG mit Energie versorgt.[11] Die Spannung beträgt 30 Volt. Der RTG der Sonde enthält 18 Module, die jeweils vier Kapseln mit je 151 g Plutonium in Form von Plutonium(IV)-oxid enthalten.
Das Plutonium-238 für RTGs wird in einem aufwändigen Prozess durch Neutronenbeschuss von Brennstäben, die Neptunium-237 enthalten, in einem Kernreaktor erbrütet. Die Kapseln wurden im Los Alamos National Laboratory des US-Energieministeriums (DOE) hergestellt. Mitte 2004 wurden alle Arbeiten des Los Alamos National Laboratory, und somit auch am Plutonium für New Horizons gestoppt, da angeblich einige Festplatten mit geheimen Informationen verschwunden waren. Das Projekt war dadurch in Gefahr, da bei einer unzureichenden Energieversorgung die Sonde keine oder nur eingeschränkte Beobachtungen hätte durchführen können. Die Sicherheitsprobleme des Los Alamos National Laboratory konnten jedoch gelöst werden, und die Arbeiten an den Plutoniumkapseln wurden wieder aufgenommen. Ende 2005 wurde der RTG ausgeliefert und in die Sonde eingebaut.
Vorgesehen war, dass die maximale Leistung des Generators mit voller Plutoniumladung beim Start 285 W und 225 W beim Plutovorbeiflug im Jahr 2015 beträgt. Durch Zerfall des Plutoniums und Alterung von Bauteilen reduziert sich die verfügbare Leistung mit der Zeit. Nach Problemen mit der Herstellung sprach DOE von etwa 190 W verfügbarer Leistung beim Vorbeiflug an Pluto. Als im Oktober 2005 der RTG Tests unterzogen wurde, stellte sich heraus, dass der Generator etwas mehr Leistung liefern konnte als erwartet. Man ging nun von etwa 240 W am Anfang der Mission und 200 W bei Erreichen von Pluto aus.
New Horizons besitzt zwei Computersysteme: das Command and Data Handling System zur Steuerung der Sonde sowie zur Arbeit mit wissenschaftlichen Daten und das Guidance and Control System zur Navigation und Lagekontrolle. Jedes der Computersysteme ist redundant ausgelegt, sodass die Raumsonde über vier separate Rechnersysteme verfügt. Die Bordrechner verwenden jeweils einen Mongoose-V-Prozessor.
Das Command and Data Handling System verfügt über zwei Flash-Recorder mit jeweils 8 GB Speicherkapazität, um die während des Betriebs der Instrumente gewonnenen wissenschaftlichen Daten zwischenzuspeichern, bevor sie zur Erde übertragen werden können.
Um Platz und Gewicht zu sparen, sind die Elektronik der Raumsonde und die Schnittstellen zur Elektronik ihrer Instrumente in einem „Integrated Electronics Module“ (IEM) untergebracht. An Bord befinden sich zwei redundante IEM.[9]
Das Kommunikationssystem der Raumsonde arbeitet im X-Band und verfügt über eine 2,1-m-Parabol-Hochgewinnantenne (High Gain Antenna – HGA, 42 dBi) mit einem Öffnungswinkel von 0,3° und eine 30-cm-Mittelgewinnantenne (Medium Gain Antenna – MGA) mit einem Öffnungswinkel von 4°. Zusätzlich gibt es zwei Rundstrahlantennen (Low Gain Antenna – LGA) mit niedrigem Gewinn auf entgegengesetzten Seiten der Raumsonde. Alle Antennen sind unbeweglich. Zur Nutzung der HGA- und der MGA-Antennen muss die Sonde auf die Erde ausgerichtet werden. Die Sonde verfügt über zwei redundante 12-Watt-Wanderfeldröhrenverstärker (TWTA), die unter der HGA montiert sind. Die Signale sind unterschiedlich polarisiert, daher können beide TWTAs gleichzeitig zur Übertragung verwendet werden.[12]
Die Hochgewinnantenne und die Mittelgewinnantenne werden zur Datenübertragung genutzt; die Datenübertragungsrate der HGA zu einer 70-m-Antenne des Deep Space Network betrug am Jupiter 38 kbit, in der Nähe Plutos noch etwa 1 kbit pro Sekunde. Die wesentlich älteren Voyager-Sonden erreichten durch ihre größeren Antennenschüsseln in ähnlicher Entfernung noch circa 1,4 kbit pro Sekunde im X-Band.
Für den Fall, dass die Sonde nicht auf die Erde ausgerichtet werden kann und diese Antennen nicht zur Verfügung stehen, können die beiden Rundstrahlantennen (LGA) der Sonde verwendet werden. Diese brauchen nicht ausgerichtet zu sein, erreichen aber nur sehr niedrige Datenübertragungsraten. Da diese Antennen auf entgegengesetzten Seiten angebracht sind, kann die Sonde unabhängig von ihrer Lage in alle Richtungen senden und empfangen. Die LGA wurden während des Starts und zur Kommunikation in der Nähe der Erde verwendet und dienen darüber hinaus einer Absicherung der Kommunikation in einem Notfall mit der niedrigstmöglichen Datenrate von 10 bit pro Sekunde.
Um die Betriebskosten zu senken, verbrachte New Horizons die Flugstrecke zwischen Jupiter und Pluto und teilweise zwischen Pluto und (486958) Arrokoth in einer Art „Winterschlaf“ (hibernation mode). Dabei wurde die Sonde einmal pro Jahr für 50 Tage „aufgeweckt“, um Funktionstests durchzuführen und genaue Flugparameter zu bestimmen. Für die restliche Zeit wurde die Sonde in eine langsame Rotation versetzt. In diesem Zustand sendet sie lediglich einmal pro Woche ein Signal zur Erde, dessen Frequenz entweder den normalen Betrieb der Sonde oder einen von sieben Fehlermodi anzeigt. Hierfür wird eine einfache unmodulierte Trägerwelle einer bestimmten Frequenz verwendet, die sich leicht empfangen und ohne viel technischen Aufwand identifizieren lässt. Ungefähr einmal pro Monat sendet die Sonde einen ausführlicheren Statusbericht. Von den vier Bordcomputern ist nur einer in Betrieb und alle redundanten Systeme sind so weit wie möglich abgeschaltet. Die Hibernation verringert die Abnutzung und reduziert die Unterhaltskosten erheblich, weil kein Personal zum Betrieb nötig ist und Kapazitäten des Deep Space Network für andere Missionen freigegeben werden. Diese Art der Kommunikation wurde mit der Testsonde Deep Space 1 erprobt; New Horizons ist die erste Raumsonde, die sie im operativen Einsatz verwendet.
Das Antriebssystem der Raumsonde wird nur für Kurskorrekturen und zur Lageregelung verwendet. Es ist nicht möglich, die Sonde nach dem Abtrennen von der Raketenoberstufe nochmals stark zu beschleunigen oder abzubremsen, wie es beispielsweise bei einer Orbiter-Mission notwendig wäre. Das Antriebssystem besteht aus 16 Triebwerken, die an acht verschiedenen Stellen der Sondenoberfläche angebracht sind und Hydrazin katalytisch zersetzen. Vier davon werden hauptsächlich für Kurskorrekturen verwendet; sie liefern einen Schub von je 4,4 Newton. Die übrigen zwölf sind kleiner und erzeugen je 0,8 Newton Schub; sie dienen zur Ausrichtung der Sonde sowie zum Einleiten und Stoppen der Rotation. Die Hälfte der 16 Triebwerke dient als Reserve.
Die Sonde hatte beim Start 77 kg Hydrazin an Bord, was ausreichen würde, um die Geschwindigkeit der Sonde um etwa 400 m/s zu ändern (minimal waren bei der Missionsplanung 290 m/s vorgesehen). Der größte Teil ist vorgesehen, um nach der Passage von Pluto weitere Kuipergürtelobjekte ansteuern zu können. Der Treibstoff wird mit gasförmigem Helium unter Druck gesetzt und in die Triebwerke gepresst.
Navigationssysteme und Sensoren liefern Informationen zu Position, Kurs und räumlicher Ausrichtung der Sonde während des Flugs. Diese Daten dienen zur Kurskorrektur und zur Ausrichtung der Instrumente auf die Ziele und der Antenne auf die Erde.
Zur Navigation werden zwei redundante A-STR-Sternkameras (Star Tracker),[13] Trägheitsmesssysteme (Inertial Measurement Units, IMUs) und Sonnensensoren verwendet. Die Navigationsdaten werden durch das Guidance-and-Control-Computersystem verarbeitet, das die Lage der Sonde durch das Zünden der kleinen Triebwerke kontrolliert. Eine der Sternkameras macht zehnmal pro Sekunde eine Weitwinkelaufnahme des Sternenhintergrundes und vergleicht sie mit einer gespeicherten Sternenkarte, die etwa 3000 Sterne enthält. Dadurch wird die genaue Ausrichtung der Sonde sowohl im drei-Achsen-stabilisierten als auch im spinstabilisierten Betrieb bestimmt. Die IMUs, die aus Gyroskopen und Beschleunigungsmessern bestehen, liefern 100-mal pro Sekunde Informationen zu Bewegungen der Sonde. Die Sonnensensoren dienen der Ausrichtung der Sonde auf die Sonne (und damit aus großer Entfernung auch auf die Erde) und zur Sicherstellung einer Kommunikation im Falle des Versagens anderer Navigationssysteme. Diese Sensoren sind sehr einfach aufgebaut und signalisieren nur, ob sie die Sonne sehen oder nicht.
New Horizons kann die von der Elektronik erzeugte Wärme im Inneren wie eine Isolierkanne behalten. Bei der großen Entfernung zur Sonne ist dies erforderlich, um Temperaturen von 10 bis 30 °C im Inneren zu gewährleisten. Dazu ist der Sondenkörper inklusive der großen Antenne mit einer leichtgewichtigen goldfarbenen Bedeckung versehen, die aus 18 Lagen Dacrongewebe besteht, die zwischen einem aluminisierten Mylargewebe und einer Kaptonfolie liegen. Neben der thermischen Isolation dient diese Bedeckung auch dem Mikrometeoritenschutz.
Ein automatisches Heizsystem überwacht den Energieverbrauch im Inneren der Sonde, um sicherzustellen, dass alle Geräte mit genügender Leistung arbeiten und somit genug Wärme abgeben. Fällt der Energiebedarf unter etwa 150 Watt, werden kleine Heizelemente im Inneren der Sonde eingeschaltet, um den Leistungsunterschied auszugleichen. Solange sich die Sonde in der Nähe der Erde und damit auch der Sonne befand, konnten die Temperaturen die zulässigen Werte übersteigen. Für diesen Fall verfügt die Sonde über eine Art Jalousiesystem („Louvres“) mit Lamellen, die geöffnet wurden, um übermäßige Wärme in den Weltraum abzustrahlen. Im geschlossenen Zustand sorgt die helle Außenfläche der Lamellen für eine geringe Abstrahlung.
Die Sonde trägt sieben wissenschaftliche Instrumente. Dabei werden einige Instrumente in Gruppen zusammengefasst; so enthält Pluto Exploration Remote Sensing Investigation (PERSI) die Instrumente Ralph und Alice und Particle Spectrometer Suite (PAM) die Instrumente SWAP und PEPSSI. Die Instrumente haben zusammen eine Masse von etwa 30 kg und verbrauchen gemeinsam rund 28 Watt elektrischer Leistung.[14] Nach dem Vorbeiflug an Arrokoth bekamen der Bordcomputer und die Instrumente eine neue Software für neue und veränderte Aufgaben. Mehrere spätere Missionen wie beispielsweise Lucy oder DART verwendeten seither Kopien oder Weiterentwicklungen dieser Instrumente.
Ralph konnte sowohl farbige Karten der Oberflächen von Pluto und Charon mit einer Auflösung von bis zu 250 m pro Pixel erstellen, als auch die Zusammensetzung der Oberflächen beider Körper kartieren. Dazu verfügt das Instrument über ein Spiegelteleskop in Form eines Drei-Spiegel-Anastigmaten mit einer Öffnung von 6 cm, dessen eingesammeltes Licht zu zwei getrennten Kanälen geleitet wird: zu der Multispectral Visible Imaging Camera (MVIC), die über vier CCDs für Farbbilder mit drei CCDs für panchromatische (schwarz-weiße) Bilder verfügt, und zu dem Linear Etalon Imaging Spectral Array (LEISA). MVIC arbeitet im sichtbaren Lichtbereich bei 400 bis 950 nm Wellenlänge und LEISA im infraroten Bereich bei 1,25 bis 2,50 μm Wellenlänge. Die Auflösung des MVIC beträgt 20 μrad, des LEISA 62 μrad. Ralph wiegt 10,3 kg und benötigt im Mittel 6,3 Watt Leistung. Das Instrument wurde von Ball Aerospace, dem Goddard Space Flight Center der NASA und dem Southwest Research Institute entwickelt. Am 22. Juni 2017 wurde LEISA offiziell in Lisa Hardaway Infrared Mapping Spectrometer umbenannt, zu Ehren von Lisa Hardaway, die bei der Konstruktion und Entwicklung des Instruments wichtige Beiträge geleistet hatte.[15][16][17] Durch ein Upgrade der Software gibt es seit 2021 die Möglichkeit die Fähigkeiten von LORRI und MVIC bei der Beobachtung von lichtschwachen Objekten zu kombinieren.[18]
Alice ist ein abbildendes Ultraviolett-Spektrometer zur Untersuchung der Atmosphäre von Pluto. Alice kann in zwei Modi betrieben werden: im „Airglow-Modus“, bei dem die Emissionen der Atmosphäre gemessen werden, und im „Occultation-Modus“, bei dem das Instrument durch die Atmosphäre Plutos auf die Sonne oder auf einen anderen leuchtstarken Stern gerichtet und die Zusammensetzung der Atmosphäre durch Absorption des Lichts bestimmt wird. Alice arbeitet im ultravioletten Lichtbereich bei 50 bis 180 nm Wellenlänge und besteht aus einem kompakten Teleskop, einem Spektrografen und einem Sensor, der 32 getrennte Flächen („Pixel“) mit je 1024 spektralen Kanälen aufweist. Alice wiegt 4,5 kg und benötigt im Mittel 4,4 Watt Leistung. Das Instrument wurde vom Southwest Research Institute entwickelt und ist eine weiterentwickelte Version des Alice-Instrumentes der europäischen Rosetta-Sonde, das ebenfalls aus den USA kam. Im Juli und August 2021 wurden neue Softwarepakete für Alice auf den Hauptcomputer hochgeladen und getestet. Alice kann damit systematisch den Himmel mit dem UV-Spektrometer abbilden.[18]
LORRI ist eine hochauflösende CCD-Kamera (1024 × 1024 Pixel) für sichtbares Licht, die an einem Ritchey-Chrétien-Spiegelteleskop montiert ist. Der Spiegel hat einen Durchmesser (Apertur) von 20,8 cm, Primär- und Sekundärspiegel bestehen aus Siliciumcarbid. Die Kamera hat einen Bildwinkel von 0,29° und eine Brennweite von 2630 mm bei einer Auflösung von 4,95 μrad. Das Instrument ist sehr einfach aufgebaut, es hat keine Farbfilter oder bewegliche Teile. Sein Empfindlichkeitsbereich umfasst das Lichtspektrum von 350 bis 850 nm Wellenlänge. Der Bildsensor wird bei einer Temperatur von −70 °C betrieben.[19] LORRI wiegt 8,8 kg und benötigt im Mittel 5,8 Watt Leistung. Das Instrument wurde vom Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University entwickelt. LORRI nahm bereits 120 Tage vor der Begegnung mit Pluto als erstes Instrument Bilder des Zwergplaneten und seiner Monde auf, die zu diesem Zeitpunkt kaum weiter als zu einzelnen Lichtpunkten aufgelöst werden konnten. 90 Tage vor der Begegnung übertraf LORRIs Auflösung bereits die des Hubble-Weltraumteleskopes. Bei dem nahen Vorbeiflug an Pluto konnte LORRI Strukturen bis 50 m Größe auflösen. Im Juli 2019 wurde eine neue Software für diese Kamera zur Sonde hochgeladen. Die Software erlaubt längere Belichtungszeiten und ermöglicht die Beobachtung von lichtschwächeren Objekten als bisher.[20]
REX ist ein Radiowellenexperiment, das mit der Hauptantenne der Sonde durchgeführt wurde. Dazu wurden nach dem Passieren des Pluto mit Hilfe von Antennen des Deep Space Network Signale zur Sonde gesendet, die während des Durchgangs durch Plutos Atmosphäre verändert wurden und in diesem Zustand zu New Horizons gelangten. Die Signale wurden gespeichert und später zurück zur Erde übertragen. Dadurch lässt sich die Dichte und Zusammensetzung der Atmosphäre studieren. Das Experiment selbst besteht aus einer kleinen, 100 g schweren Leiterplatte mit Signalverarbeitungselektronik, die im Kommunikationssystem der Raumsonde integriert ist und im Mittel 2,1 Watt Leistung benötigt. Da das komplette Kommunikationssystem redundant ist, verfügt New Horizons über zwei Exemplare von REX. Das Experiment wurde von der Stanford University und dem Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University entwickelt. Durch ein Update von 2021 kann REX das Venetia-Instrument bei der Messung von Staubpartikeln ergänzen. Ein Partikeleinschlag verursacht eine minimale Dopplerverschiebung, die mit dem Radioexperiment erkannt und ausgewert wird.[18]
Dieses Instrument misst geladene Teilchen mit Energien bis zu 6,5 keV. Das Instrument wurde vom Southwest Research Institute entwickelt, um Teilchen zu messen, die aus Plutos Atmosphäre entweichen und vom Sonnenwind mitgerissen werden. Dadurch sollte festgestellt werden, ob Pluto über eine Magnetosphäre verfügt. Weiterhin konnte der Sonnenwind in der Nähe von Pluto studiert werden, außerdem wurden so Daten über die Atmosphäre gesammelt. SWAP wiegt 3,3 kg und benötigt im Mittel 2,3 Watt Leistung. SWAP wird außerdem zur Erforschung der Heliosphäre und des Kuipergürtels eingesetzt und kann auch während Hibernation Daten sammeln. Im Februar 2021 gab es ein Upload mit neuen Funktionen für SWAP.[21]
PEPSSI ist ein Ionen- und Elektronenspektrometer, das nach neutralen Atomen suchte, die aus Plutos Atmosphäre entweichen und vom Sonnenwind aufgeladen werden. In das Instrument eintretende Ionen mit Energien von 1 bis 5000 keV und Elektronen mit Energien von 20 bis 700 keV werden erfasst, wobei die Masse und Energie jedes einzelnen Partikels gemessen wird. PEPSSI wiegt 1,5 kg und benötigt im Mittel 2,5 Watt Leistung. Das Instrument wurde vom Applied Physics Laboratory der Johns Hopkins University entwickelt. PEPSSI wird außerdem zur Erforschung der Heliosphäre und des Kuipergürtels eingesetzt und kann auch während Hibernation Daten sammeln. Eine neue Software für PEPSSI zur Erkennung von Plasma aus Sonneneruptionen wurde im Jahr 2021 geschrieben und getestet. Sie soll Anfang 2022 hochgeladen werden.[18]
Venetia ist ein Instrument zur Messung von Staubpartikeln entlang der gesamten Flugroute. Es wurde von Studenten der University of Colorado entwickelt und ist das erste von Studenten gebaute Instrument auf einer planetaren Mission der NASA. Das Gerät hieß zunächst Student-built Dust Counter (SDC), wurde aber im Juni 2006 zu Ehren der Britin Venetia Phair, geb. Burney umbenannt, die 1930 den Namen „Pluto“ für den neu entdeckten Planeten vorgeschlagen hatte. Das Instrument Venetia zählt auftreffende Staubpartikel und bestimmt deren Masse. Es wird als erstes Instrument dieser Art weiter als 18 AE von der Erde betrieben. Es liefert Informationen, die unter anderem zur Abschätzung der Kollisionsrate von Asteroiden, Kometen und Kuipergürtelobjekten im äußeren Sonnensystem genutzt werden. Venetia kann auch während der Hibernation Daten sammeln. Das Instrument besteht aus einer 46 cm × 30 cm großen Detektorplatte, die auf der Außenhaut der Sonde angebracht ist, und einer Elektronikbox im Inneren der Sonde. Es können Partikel mit einer Masse von 4e-15 bis 4e-12 kg erfasst werden. Venetia wiegt 1,9 kg und benötigt im Mittel 5 Watt Leistung. Durch ein Update kann REX nun das Venetia-Instrument bei der Messung von Staubpartikeln ergänzen. Ein Partikeleinschlag verursacht eine minimale Dopplerverschiebung, die mit dem Radioexperiment erkannt und ausgewert wird, somit kann man damit mehr Informationen über Richtung und Geschwindigkeit des Partikels gewinnen.[18]
Bereits seit Anfang der 1990er Jahre gab es Bestrebungen, eine Mission zu Pluto zu starten. Vorrangig war dabei, Pluto zu erreichen, bevor seine dünne Atmosphäre ausfrieren würde, denn die Umlaufbahn des Zwergplaneten ist sehr exzentrisch. Pluto erreichte den sonnennächsten Punkt seiner Umlaufbahn (Perihel) bereits 1989. Diese Annahme, dass die Atmosphäre nach der Passage des sonnennäheren Bahnbereiches bald ausfrieren würde, konnte jedoch bislang nicht bestätigt werden. Gegenwärtig entfernt sich Pluto von der Sonne, sodass es auf ihm immer kälter wird; erst im Jahr 2247 wird er sein nächstes Perihel einnehmen. Die ersten Konzepte einer Mission (Pluto Fast Fly-By, Pluto Kuiper Express) scheiterten an technischen und finanziellen Schwierigkeiten. Ende 2000 gab es mit New Horizons einen neuen Vorschlag einer Pluto-Mission. Schließlich wurde dieser Vorschlag am 29. November 2001 als erste Mission des neu geschaffenen New-Frontiers-Programms der NASA zur Realisierung genehmigt.
Die Instrumente der Sonde wurden zwischen Juli 2004 und März 2005 ausgeliefert, Zusammenbau und Prüfung liefen von August 2004 bis Mai 2005. Vom Mai bis zum September 2005 wurde die fertig gebaute Sonde ausgiebig getestet, am 24. September 2005 erfolgte der Transport nach Cape Canaveral.
Ende Oktober 2005 beschädigte in Cape Canaveral der Hurrikan Wilma einen Feststoffbooster der fast fertig montierten Atlas-V-Trägerrakete für New Horizons, als ein Tor der Montagehalle dem Winddruck nicht standhielt. Der Booster konnte jedoch noch rechtzeitig vor dem geplanten Starttermin am 11. Januar 2006 ausgetauscht werden.
Am 16. Dezember 2005 ordnete die NASA eine zusätzliche Überprüfung der Tanks der ersten Raketenstufe an, weil bei einem Druckbelastungstest einer anderen Atlas-Rakete diese Stufe der geforderten Maximalbelastung nicht standgehalten hatte. Dadurch verschob sich der für den 11. Januar angesetzte Starttermin um sechs Tage auf den 17. Januar 2006.
Startfenster 2006 | |
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Start | Ankunft |
11. bis 27. Jan. | 14. Juli 2015 |
28. Jan. | 15. Aug. 2015 |
29. bis 31. Jan. | 12. Juli 2016 |
01. und 2. Feb. | 11. Juli 2017 |
03. bis 08. Feb. | 10. Juli 2018 |
09. bis 12. Feb. | 07. Juni 2019 |
13. und 14. Feb. | 20. Juli 2020 |
Startfenster 2007 | |
02. bis 15. Feb. | 2019 bis 2020 |
Das Startfenster öffnete sich am 11. Januar 2006 und blieb bis zum 14. Februar 2006 bestehen. Allerdings bestand nur bei einem Start bis einschließlich 2. Februar die Möglichkeit eines Vorbeiflugs (Swing-by-Manöver) am Jupiter. Danach hätte man Pluto nur auf direktem Weg erreichen können, was die Flugzeit um mehrere Jahre verlängert und die Menge des mitführbaren Treibstoffes um 20 kg reduziert hätte.
Nachdem der geplante Start am 17. Januar 2006 wegen zu starken Windes mehrmals hatte verschoben werden müssen, sollte New Horizons am 18. Januar 2006 starten. Wegen eines Stromausfalls in der Bodenstation der Johns Hopkins University konnte auch dieser Termin nicht gehalten werden. Am 19. Januar startete New Horizons nach mehreren Verschiebungen wegen dichter Bewölkung schließlich um 19:00 Uhr UTC (das Startfenster war von 18:07 bis 20:07 Uhr UTC offen) vom Launch Complex 41. Nach 44 Minuten und 55 Sekunden wurde die Sonde von der Rakete in ihre endgültige Flugbahn ausgesetzt.
Obwohl die verwendete Atlas-V-Rakete zu jenem Zeitpunkt die stärkste aktive Trägerrakete der Welt war, musste die Nutzlast mit einer zusätzlichen Star-48B-Kickstufe ausgestattet werden, um die Sonde auf eine Geschwindigkeit deutlich über der Fluchtgeschwindigkeit beschleunigen zu können. New Horizons verließ die Erde mit der bis dahin höchsten je erreichten Geschwindigkeit von 16,21 km/s. An anderen Tagen des Startfensters wäre die Geschwindigkeit etwas anders gewesen. Besonders nach dem 2. Februar, ohne die Möglichkeit eines Vorbeiflugs am Jupiter, hätte die Geschwindigkeit der Sonde noch deutlich höher sein müssen.
Einen Tag nach dem Start wurde die Rotation der Sonde von 68 Umdrehungen pro Minute, in die sie von der Raketenoberstufe versetzt worden war, auf 19,2 Umdrehungen pro Minute reduziert. Am 22. Januar wurde die Rotation weiter auf 5 Umdrehungen pro Minute gesenkt, und die Sternenkameras wurden in Betrieb genommen.
Am 28. Januar 2006 wurde eine erste Kurskorrektur (TCM-1A) durchgeführt, wobei die Triebwerke für etwa fünf Minuten feuerten. Zwei Tage später folgte die nächste, zwölf Minuten lange Kurskorrektur (TCM-1B). Die beiden Kurskorrekturen ergaben eine Geschwindigkeitsänderung von 18 m/s. Eine weitere Kurskorrektur (TCM-2) war für den 15. Februar geplant, wurde jedoch abgesagt. Die nächste, 76 Sekunden lange Kurskorrektur (TCM-3) erfolgte am 9. März 2006 und war die erste, die im drei-Achsen-stabilisierten Betrieb durchgeführt wurde. Durch TCM-3 wurde die Geschwindigkeit der Sonde um 1,16 m/s verändert.
Im Februar 2006 wurde der Schutzverschluss des Alice-Spektrometers geöffnet, am 13. März folgte der des SWAP-Instruments. Im März wurde auch das SDC-Experiment aktiviert. Bis zum 29. März hatten alle Instrumente ihre internen Elektronik-Checks absolviert. Am 7. April 2006 kreuzte die Sonde nach 78 Tagen Flugzeit die Marsbahn.[22] Im Mai wurden die Schutzverschlüsse der Instrumente PEPSSI (3. Mai), Alice (20. Mai) und Ralph (29. Mai) geöffnet. Im Sommer wurden die Experimente kalibriert.
New Horizons näherte sich auf dem Weg durch den Asteroidengürtel am 13. Juni 2006 um 04:05 Uhr UTC bis auf 101.867 km dem 3 bis 5 km großen Asteroiden (132524) APL. Der Schutzverschluss der hochauflösenden Kamera LORRI wurde erst am 29. August 2006 geöffnet, daher erfolgten visuelle Beobachtungen nur mit dem schwächeren Ralph-Instrument. Dieses konnte den Asteroiden lediglich als ein Objekt von ein bis zwei Bildpunkten Größe auflösen.[23][24][25]
Am 4. September 2006 nahm New Horizons aus 291 Millionen Kilometern Entfernung ihr erstes Bild von Jupiter auf. Es wurde mit der LORRI-Kamera erzeugt. Auch andere Instrumente beobachteten Jupiter, in erster Linie zum Zweck der Kalibrierung.[26]
Wissenschaftlich relevante Untersuchungen des Jupitersystems begannen im Januar 2007 und dauerten bis Ende Juni 2007 an. Es waren etwa 700 Beobachtungen und Messungen des Gasplaneten, seiner Monde und seiner Magnetosphäre geplant.[27] New Horizons war das achte Raumfahrzeug, das Jupiter erreichte.[28]
Am 28. Februar 2007 flog New Horizons an Jupiter vorbei. Die geringste Entfernung zu dem Planeten wurde um 05:43 Uhr UTC erreicht und betrug etwa 2,3 Millionen Kilometer (ca. 32 Jupiterradien). Dies ist ein Drittel der Entfernung, in der die Saturnsonde Cassini-Huygens Jupiter passierte. Die Flugbahn von New Horizons lag knapp außerhalb der Umlaufbahn von Kallisto, dem äußersten der vier Galileischen Monde. Die Sonde lieferte neue Erkenntnisse über das Planetensystem. Während des Vorbeifluges fertigte sie Aufnahmen von Jupiter, seinen Ringen und den vier Galileischen Monden an, außerdem wurden Messungen des Magnetfeldes durchgeführt. Auf Io konnte ein Vulkanausbruch beobachtet werden. Durch den Vorbeiflug erfuhr die Sonde einen Geschwindigkeitszuwachs von 3890 m/s und wurde auf eine Flugbahn zum Pluto umgelenkt, wofür sie um etwa 2,5° nordwärts aus der Ekliptik herausgelenkt wurde. Die Flugzeit zu Pluto konnte damit gegenüber einer Flugbahn ohne Vorbeiflug an Jupiter um mehrere Jahre verkürzt werden.
Am 8. Juni 2008 kreuzte New Horizons die Umlaufbahn von Saturn, blieb dabei aber weit von ihm entfernt. Am 30. Juni 2010 wurde eine Kurskorrektur durchgeführt und durch einen Schubimpuls von 36 Sekunden Dauer die Geschwindigkeit der Sonde um etwa 0,45 m/s erhöht, um eine Abbremsung durch vom Isotopengenerator an der HGA rückgestreute Thermalstrahlung auszugleichen.[29] Am 18. März 2011 um 23 Uhr erreichte die Sonde die Umlaufbahn von Uranus, wobei der Gasriese zu diesem Zeitpunkt mehr als 3,8 Milliarden Kilometer entfernt war und daher keine Beobachtungen durchgeführt wurden. Am 25./26. August 2014 wurde die Umlaufbahn von Neptun erreicht, exakt 25 Jahre nach dem Vorbeiflug von Voyager 2 an Neptun. Auch Neptun befand sich für sinnvolle Beobachtungen zu weit von New Horizons entfernt; dennoch wurden am 10. Juli 2014 einige Aufnahmen von Neptun aus knapp vier Milliarden Kilometer Entfernung gemacht.[30]
Man wollte auch Neptun-Trojaner wie etwa 2011 HM102 beobachten, falls sie der Sonde nahe genug kämen.[31] Da sich New Horizons jedoch bis auf höchstens 1,2 AE näherte, wurde schließlich auf eine Beobachtung verzichtet.
Die Beobachtungen des Pluto-Charon-Systems begannen etwa 150 Tage vor der größten Annäherung. Am 15. April 2015 wurde das erste kombinierte Farbbild von Pluto und Charon veröffentlicht. Die Aufnahmen der LORRI-Kamera übertrafen bereits das beste Auflösungsvermögen des Hubble-Weltraumteleskops.[32] In den darauf folgenden Wochen wurden in Abständen von drei bis sechs Tagen immer detailreichere Bilder der Pluto-Oberfläche und seines größten Begleiters veröffentlicht.
Am 4. Juli 2015 und damit zehn Tage vor dem Vorbeiflug versetzte New Horizons sich aufgrund eines Computerproblems in einen Sicherheitsmodus. Der Computer war dabei, die letzten Bilder zu komprimieren und auf den Flash-Speicher abzulegen, als gleichzeitig die umfangreichen Befehle für den Beobachtungsplan empfangen wurden. Dieses führte zu einer Überlastung und Blockade des Computersystems, anschließend wurde automatisch auf das redundante B-Side-Computersystem umgeschaltet. Das DSN stellte zur Fehlerbehebung außerplanmäßig alle nötigen Ressourcen zur Kommunikation mit der Sonde zur Verfügung. Am 7. Juli 2015 war der Fehler behoben, und New Horizons konnte den wissenschaftlichen Betrieb wieder aufnehmen. Während des Vorbeiflugs war es der Sonde nicht möglich, in den Sicherheitsmodus zu schalten.[33]
Am 14. Juli 2015 passierte die Sonde den Zwergplaneten mit einer Geschwindigkeit von 14,5 km/s und erreichte damit das Ziel ihrer Primärmission. Pluto war zu diesem Zeitpunkt 32,9 AE von der Sonne entfernt. Es wurden globale Karten von Pluto und Charon erstellt, Hochauflösungsfotos mit bis zu 25 m pro Pixel Auflösung gewonnen, die Temperaturverteilung gemessen und die Oberfläche und die Atmosphäre des Planeten studiert. Planmäßig flog die Sonde um 13:50 MESZ in 12.500 km Entfernung an Pluto und um 14:04 MESZ in 28.800 km Entfernung an Charon vorbei. Um 14:51 MESZ durchquerte sie den Schatten von Pluto und um 16:18 Uhr MESZ den von Charon; dabei gewann sie Daten über deren Atmosphäre. Die besonders datenintensive Phase des Vorbeiflugs dauerte – je nach Definition – maximal drei Stunden.
Da die Datenübertragungsrate wegen der großen Entfernung zwischen Sonde und Erde für eine Übermittlung in Echtzeit zu gering war, wurden die Daten auf dem 8 GB großen Flash-Speicher des Bordcomputers zwischengespeichert. In der Woche nach dem Vorbeiflug wurden zunächst besonders wichtige Daten gesendet. Danach folgten laufende Messungen von Experimenten wie SWAP und PEPSSI, die nur eine geringe Datenmenge produzierten und die auch nach dem Vorbeiflug weiter Messungen durchführen. Vom 5. September 2015 bis 25. Oktober 2016 wurden alle gespeicherten Daten vom Vorbeiflug in voller Datenqualität übertragen. Die gesamte Übertragung dauerte länger als 15 Monate.[34]
Die kleinen Plutomonde Nix und Hydra wurden wenige Monate vor dem Raketenstart 2005, Kerberos und Styx 2011 und 2012 auf lang belichteten Aufnahmen des Plutosystems durch das Hubble-Weltraumteleskop entdeckt. In der Phase der größten Annäherung konzentrierten sich die Beobachtungen ganz auf Pluto und Charon. Es gibt jedoch einige Aufnahmen der kleinen Monde, die mit LORRI und Ralph aus größerer Entfernung gemacht wurden.[35][36]
Bis Oktober 2014 wurden mit dem Hubble-Weltraumteleskop mögliche Ziele für die Sekundärmission von New Horizons im Kuipergürtel ausgemacht.[37] Im Rahmen des Citizen-Science-Projekts Ice Hunters werteten Freiwillige Bilder aus, die aus der Subtraktion von in zeitlichen Abständen erstellten Aufnahmen gewonnen worden waren. Von den fünf gefundenen Zielen waren zwei außer Reichweite. Aus den verbliebenen drei wählte die NASA im August 2015 das Objekt (486958) 2014 MU69 – heute (486958) Arrokoth – als nächstes Ziel der Raumsonde aus.[38] Die beiden nicht berücksichtigen Ziele waren 2014 OS393 und 2014 PN70.
Die NASA genehmigte Anfang Juli 2016 die Finanzierung der Sekundärmission.[39] Die Mission läuft unter dem Namen Kuiper Belt Extended Mission (KEM) und ist bis zum Jahr 2021 finanziert. Sie führte in einer Entfernung von nur 3500 km an dem Asteroiden vorbei; dabei wurden alle Instrumente eingesetzt, die zuvor bei der Beobachtung Plutos verwendet worden waren. Zum Zeitpunkt des Vorbeiflugs wurde das Objekt inoffiziell Ultima Thule genannt; dieser Name war nach einer öffentlichen Umfrage und einer Umfrage im Missionsteam gewählt worden. Die endgültige Benennung als (486958) Arrokoth erfolgte im November 2019.[40]
Die Wissenschaftler wollten im Vorfeld so viel wie möglich über das Zielobjekt der Mission wissen, so z. B. über die Bahndaten, die Rotationsdauer, begleitende Objekte, Ringsysteme und Trümmer. Einerseits wollte man sicher sein, dass beim Vorbeiflug keine Kollision mit einem begleitenden Objekt oder Staubpartikeln droht. Andererseits galt es, den optimalen Passageabstand zu finden, der sowohl groß genug sein würde, um Zeit für die Gewinnung aller wichtigen Daten zu haben, als auch klein genug für eine gute Auflösung der Aufnahmen. Ein näherer Vorbeiflug hätte weniger, dafür höher aufgelöste Aufnahmen ergeben, ein Vorbeiflug in größerer Entfernung hingegen mehr Aufnahmen, aber in geringerer Auflösung.
(486958) Arrokoth, zu der Zeit noch 2014 MU69 genannt, war nach ersten Beobachtungen durch Hubble 30 bis 45 km groß.[38] Die Gaia-Mission lieferte Daten zur Vorhersage von Sternbedeckungen. Okkultationen gab es am 3. Juni sowie am 10. und 17. Juli 2017. Astronomen nutzten das, um im Vorfeld Informationen über den Durchmesser und begleitende Trümmer oder ein Ringsystem zu bekommen.[41] Für die Beobachtung der Okkultation wurden Teams mit 22 mobilen 40-cm-Teleskopen und Kameras nach Südafrika und Argentinien gebracht, die im Abstand von ca. 10 bis 25 km entlang der Okkultationslinie aufgestellt werden, um zu gewährleisten, dass wenigstens eines der Teleskope die Okkultation im Zentrum beobachten kann. Die Okkultationen dauerten ungefähr 2 Sekunden.[42]
Die Daten aus der Bedeckung am 3. Juni brachten überraschende Erkenntnisse. Die Bedeckung konnte von keinem der Beobachtungspunkte festgestellt werden, obwohl alle richtig positioniert waren. Die Wissenschaftler schlossen daraus, dass das Objekt kleiner ist als die Beobachtungen von Hubble nahelegten, und die Größe daher eher unterhalb der ursprünglich angenommenen 30 bis 40 km liegt. Das Objekt musste dementsprechend entweder stark reflektieren oder es handelte sich um ein binäres System oder sogar um einen Schwarm von kleinen Objekten, die bei der Entstehung des Sonnensystems übrig geblieben waren.[43] Für die Beobachtung der Okkultation am 10. Juli wurde zusätzlich das fliegende 2,5-m-Teleskop des Stratosphären-Observatoriums für Infrarot-Astronomie (SOFIA) eingesetzt.[44] Die Okkultation am 17. Juli 2017 konnte festgestellt werden und legte nahe, dass das Objekt langgestreckt, aber kürzer als 30 km ist. Alternativ wurde ein binäres System vorgeschlagen, bei dem die beiden Komponenten jeweils 15–20 km groß sind.[45] Eine weitere Bedeckung fand am 4. August 2018 statt. Für die Beobachtung wurden in Senegal und Kolumbien mobile Teleskope postiert.[46][47] Diese Bedeckung konnte beobachtet werden und zeigte, wie die Bedeckung am 17. Juli 2017, keine Hinweise auf Trümmer oder ein Ringsystem; außerdem konnten die Bahndaten weiter verfeinert werden. Für die weitere Erkennung von möglichen Trümmern blieb ab diesem Zeitpunkt nur noch LORRI übrig.[48]
Mehr als drei Jahre vor der Begegnung mit dem Asteroiden wurden am 22., 25. und 28. Oktober und 4. November 2015 die Triebwerke von New Horizons jeweils für 25 Minuten gefeuert, um die Sonde auf den Kurs zu 2014 MU69 zu bringen.[49][50][38] Die Raumsonde verbrauchte 35 % ihrer Treibstoffreserven für das Einschwenken auf den neuen Kurs und eine Geschwindigkeitsänderung von 57 m/s; die anderen beiden möglichen Ziele 2014 OS393 und 2014 PN70 hätten wesentlich mehr Treibstoff für die Kursänderung benötigt.
Am 1. Februar 2017 wurden die Triebwerke für 44 Sekunden für eine kleine Kurskorrektur von 0,44 m/s gezündet. Sie ergab sich aus den neuesten Ergebnissen aus der Beobachtung der Umlaufbahn durch Hubble im Jahr 2016 und aus den Positionsdaten von New Horizons. In den Wochen zuvor hatte die Raumsonde sechs Kuipergürtelobjekte beobachtet.[51] Durch einen Fehler beim Laden von Befehlen in den Bordcomputer ging New Horizons am 9. Februar 2017 vorübergehend in den Sicherheitsmodus.[52]
Nach 852 Tagen ununterbrochenen Betriebs war New Horizons vom 7. April 2017 bis zum 11. September für 157 Tage in Hibernation Mode (Überwinterungszustand).[53][41] In der Zeit zwischen dem 11. September und 21. Dezember 2017 war die Sonde aktiviert und beobachtete verschiedene Objekte mit LORRI und mit dem UV-Spektrometer Alice. Am 9. Dezember wurden die Triebwerke für 2,5 Minuten gezündet, um den Kurs anzupassen und um den Zeitpunkt der Begegnung zu optimieren, damit die Antennen des Deep Space Networks das Ereignis optimal auswerten konnten.[54]
Vom 21. Dezember 2017 bis 4. Juni 2018 befand sich die Sonde wieder im Winterschlafmodus.[55] Nach Reaktivierung und umfangreichen Funktionstests wurde sie am 13. August 2018 vom Rotationsmodus in den „3-Achsenmodus“ (3-axis mode) versetzt, um die Kamera ausrichten zu können.[56] Am 16. August 2018 gelangen mit LORRI die ersten langzeitbelichteten Aufnahmen von Arrokoth. Das Objekt wurde als winziger Punkt vor einem dichten Sternenfeld genau an der vorhergesagten Stelle erfasst und die Bahndaten waren bereits präzise bestimmt.[57] Am 3. Oktober 2018 wurden die Triebwerke zur Korrektur der Geschwindigkeit um 2,1 m/s für dreieinhalb Minuten gezündet. Mit einer Entfernung von 6,35 Milliarden km zur Erde war dies die bis dahin am weitesten entfernte Kurskorrektur. Zum ersten Mal wurden dabei die von der Sonde gemachten Aufnahmen des Asteroiden zur Kursbestimmung genutzt.[58]
Bis zum 15. Dezember wurden keine Ringe, Monde oder Begleitobjekte festgestellt und man entschied sich endgültig für einen nahen Vorbeiflug im Abstand von 3500 km. Am 19. Dezember wurden die kleinen Triebwerke für 27 Sekunden gezündet, dabei wurde die Geschwindigkeit um 0,26 m/s, der Kurs um 300 km und die Flugdauer um 5 Sekunden verändert. Am 20. Dezember wurde das endgültige Beobachtungsprogramm zur Sonde übertragen. Schließlich wechselte die Sonde am 26. Dezember 2018 in den „Encounter Mode“ (Begegnungsmodus). Sie arbeitete nun autonom, und die Bordsoftware hätte im Fall von Problemen selbsttätig auf Reservesysteme umgestellt. Wie bereits beim Pluto-Vorbeiflug konnte New Horizons in dieser Phase weder auf Befehle reagieren, noch in den Sicherheitsmodus wechseln, sondern führte mit erster Priorität das Beobachtungsprogramm durch.
Die Begegnung mit „Ultima Thule“ fand am 1. Januar 2019 in einer Entfernung von 43,3 AE von der Sonne statt. Es wurden unter anderem Radarmessungen durchgeführt, um die Oberflächenbeschaffenheit des Asteroiden zu ermitteln.[55] Funksignale von der Sonde brauchten in dieser Entfernung bereits mehr als 12 Stunden, bis sie die Erde erreichten. Erste Daten des Vorbeifluges empfing das Deep Space Network am 1. Januar 2019 um 15:32 Uhr (UTC). Tags darauf wurde das erste hochaufgelöste Bild veröffentlicht.[59]
Bereits am 2. November 2015 erstellte LORRI mehrere Aufnahmen von (15810) Arawn im Abstand von jeweils einer Stunde. Zum Aufnahmezeitpunkt befand sich das Objekt etwa 5,3 Milliarden km von der Sonne entfernt, aber nur 280 Millionen km von New Horizons.[60] Eine weitere Beobachtung erfolgte vom 7. bis 8. April 2016 aus einer Entfernung von 111 Millionen km. Durch gleichzeitige Beobachtung mit Hubble konnte die Bahn des Objekts unter Ausnützung der Parallaxe mit einer Genauigkeit unter 1000 km bestimmt werden. Die Vermutung, es handle sich um einen Quasisatelliten von Pluto, wurde damit widerlegt. Die Beobachtung ergab außerdem eine Rotationsperiode von 5,47 Stunden und eine Abschätzung des Durchmessers von 145 km. Außerdem stellte man fest, dass die Oberfläche des Asteroiden relativ uneben ist.[61]
Am 13. und 14. Juli 2016 machte LORRI vier Aufnahmen von Quaoar. Die Aufnahmen aus einer Entfernung von 2,1 Mrd. km zeigen das Objekt nur als verwaschenen Punkt. Die Aufnahme hat dennoch wissenschaftlichen Wert, weil das Objekt aus einem anderen Winkel als von der Erde aus aufgenommen wurde. Man gewann neue Erkenntnisse über die Lichtstreuung an der Oberfläche.[62][63]
Im Dezember 2017 machte LORRI Bilder von den beiden Kuipergürtelobjekten (516977) HZ84 und 2012 HE85, um nach Monden, Ringen und begleitenden Staubansammlungen zu suchen. Diese Bilder entstanden in einer Entfernung von 40,95 AE von der Erde, der bis dahin größten Entfernung, in der eine Fotografie gemacht wurde. Erstmals wurde damit die Entfernung der bekannten Pale-Blue-Dot-Aufnahmen von Voyager 1 (40,5 AE) übertroffen.[64]
Am 23. und 24. April 2020 fotografierte New Horizons die Sterne Proxima Centauri und Wolf 359. Astronomen waren aufgerufen, diese Sterne im selben Zeitraum aufzunehmen. Mit der zusätzlichen Perspektive aus einer Entfernung von 46 AE von der Sonne ermöglichten diese Aufnahmen eine bisher nicht erreichte Parallaxe. Daraus konnten stereoskopische Bilder erzeugt werden.[65][66]
Verschiedene Untersuchungen nutzten die Instrumente von New Horizons um neue Erkenntnisse über die optische Hintergrundstrahlung und das Zodiakallicht zu erhalten.[67]
New Horizons beobachtete neben den genannten weitere Kuipergürtelobjekte aus großer Entfernung, um ihre Form, Albedo und Rotationsperiode zu bestimmen sowie mögliche Ringsysteme und Satelliten zu entdecken.[5] Bis März 2021 wurden annähernd 30 Objekte untersucht,[68] darunter 2002 MS4, die Zentauren Pholus und Chiron, die Plutinos Huya und Ixion sowie die Zwergplaneten Haumea, Makemake und Eris.[69][70] Das New-Horizons-Team wurde hierfür mit Spezialisten verstärkt.[71] Weitere beobachtete Objekte sind 2011 HJ103, 2011 HK103, und 2011 JY31.[72]
Anfang 2020 wurde die Sonde und ihre Systeme ausgiebig getestet und es wurden noch keine Anzeichen für Abnutzung festgestellt, alle Systeme funktionierten wie erwartet.[73] Die Treibstoffvorräte nach der Beobachtung von Arrokoth reichten noch aus, um die Sonde für hunderte weitere Aufnahmen auszurichten, nicht aber für einen nahen Vorbeiflug an einem anderen bereits bekannten Kuipergürtelobjekt.[3] Daher wurde mit dem Hubble-Teleskop und einigen der größten erdbasierten Teleskope – darunter das japanische Subaru-Teleskop und die US-amerikanischen Gemini- und Keck-Teleskope – nach weiteren KBO Ausschau gehalten.[74][73] Insgesamt eine ganze Woche Beobachtungszeit des Subaru-Teleskops wurde im Mai, Juni, August und Oktober 2020 für die Suche aufgewendet, dabei wurden 75 neue KBO gefunden. Ungefähr 15 bis 20 davon sind nahe genug für eine wissenschaftliche Beobachtung durch New Horizons, es ist jedoch davon kein Objekt für einen nahen Vorbeiflug geeignet. Die ersten Beobachtungen dieser Objekte waren im Dezember 2020. Weitere Beobachtungszeit am Subaru-Teleskop wurde für 2021 angefragt und falls die Suche kein erreichbares Objekt erbringt, soll 2022 noch einmal gesucht werden.[9]
2022 sollen neue Energiesparmaßnahmen getestet und umgesetzt werden. Damit wäre trotz nachlassender Energieversorgung mindestens fünf Jahre länger der gleichzeitige Betrieb beider Sender und damit die maximale Datenrate möglich. Es wird auch weiterhin nach Zielen für eine Beobachtung oder einen Vorbeiflug gesucht, dabei werden bei der Suche neue Filter und selbstlernende Tools eingesetzt, die die Zahl der entdeckten Objekte mindestens vervierfachen sollen. Ein Teil der weniger priorisierten Daten vom Vorbeiflug an Arrokoth befinden sich zu Beginn von 2022 immer noch im Speicher und sollen jetzt gesendet werden. Zuvor gab es jeweils höher priorisierte Daten zur Übertragung und die großen Antennen des Deep Space Networks waren wegen Überholung längere Zeit nicht im üblichen Umfang einsatzbereit. Seit 2018 soll auch die Sonde 2022 zum ersten Mal wieder testweise in Hibernation gehen.[21]
Am 1. Juni 2022 ging die Sonde in Hibernation bis voraussichtlich 1. März 2023. Auch während der Missionsverlängerung ab 1. Oktober 2022 wird weiter nach einem weiteren Ziel für einen nahen Vorbeiflug gesucht, die sich mit dem Rest von ungefähr 11 kg Treibstoff im Tank erreichen lassen. Die Suche mit dem Subaru und den Gemini-Teleskopen wird von künstlicher Intelligenz unterstützt, auf diese Weise konnten wesentlich mehr Objekte gefunden werden, als mit den bisherigen Methoden.[8]
Ab dem 1. März 2023 sollen neue, wesentlich weiter entfernte KBO beobachtet werden. Außerdem soll der Blick auf den weit entfernten Uranus und Neptun geworfen werden, um Messungen zur Lichtreflexion zu machen. Außerdem sollen die bisher umfangreichsten Aufnahmen der Hintergrundstrahlung im sichtbaren und ultravioletten Licht gemacht werden. Dabei wird die Position weit weg von den großen Planeten und von der Sonne ausgenutzt. Man hofft auf diese Weise Rückschlüsse auf die Zahl der Galaxien im Weltall ziehen zu können. Die Messungen von Staub und Plasma werden weitergeführt.[8]
Das Sonnensystem wird von einem stetigen Partikelstrom durchflutet. Die ersten Beobachtungen des Sonnenwinds außerhalb der Neptunbahn stammen von den beiden Voyager-Sonden. New Horizons erfasst mit den Instrumenten PEPSSI und SWAP dessen Energie und analysiert Partikel. Ursprünglich waren diese Instrumente vor allem dazu gedacht, die aus der Plutoatmosphäre entweichenden Partikel zu messen und dadurch Informationen über Pluto und seine Atmosphäre zu gewinnen. Nach dem Jupiter-Vorbeiflug 2007 wurden sie zunächst nur noch einmal jährlich zu Testzwecken betrieben. Die Wissenschaftler entwickelten jedoch eine Methode, die eine kontinuierliche Auswertung der Daten von PEPSSI und SWAP auch während des Hibernation-Modes erlaubte. New Horizons begann mit kontinuierlichen Messungen ungefähr zu der Zeit, als die Uranusbahn erreicht wurde. Auf diese Weise können seit 2012 nahezu ununterbrochen Daten über die Heliosphäre gesammelt werden.[75] Es soll ein heliosphärischer Querschnitt des Kuipergürtels bis zu einer Entfernung von 50 AE generiert werden; dazu wurden bis 2020 nahezu ununterbrochen Plasma, Staubpartikel und nicht ionisierte Gase gemessen.
2018 registrierte New Horizons mit dem Alice-Instrument ultraviolettes Licht (Lyman-α-Linie) von ca. 40 Rayleigh Stärke, das als von neutralem Wasserstoff jenseits der Heliopause („Wasserstoffwand“) rückgestreutes UV-Licht solaren Ursprungs gedeutet wird. Die Messungen bestätigen Daten, die von den beiden Voyager-Sonden 30 Jahre zuvor gewonnen wurden.[76]
Es ist geplant, dass die Forscherteams von New Horizons und der Voyager-Missionen zusammenarbeiten und verschiedene Messpunkte bei der Heliosphärenforschung gemeinsam auswerten.[74]
Über den Sommer 2020 wurden Softwareupdates für die Instrumente entwickelt, die neue Funktionen und Verbesserungen mit sich bringen und somit einen verbesserten Nutzen aus den Sensordaten ermöglichen. REX kann nun das Venetia-Instrument bei der Messung von Staubpartikeln ergänzen. Ein Partikeleinschlag verursacht eine minimale Dopplerverschiebung, die mit dem Radioexperiment erkannt und ausgewert wird. Der Upload begann im Februar 2021 mit neuen Funktionen für SWAP.[68]
Am 17. April 2021 erreichte die Sonde 50 AE Abstand zur Sonne.[77]
Eine neue Software für das PEPSSI zur Erkennung von Plasma aus Sonneneruptionen wurde im Jahr 2021 geschrieben und getestet. Sie soll Anfang 2022 hochgeladen werden, damit wären diverse Updates für die Instrumente abgeschlossen.[18]
Neben der wissenschaftlichen Ausrüstung befinden sich an Bord von New Horizons einige kulturelle Gegenstände. Darunter sind zwei Vierteldollar-Münzen von Maryland und Florida (den Staaten, in denen die Sonde gebaut und gestartet wurde), ein Bauteil von SpaceShipOne, eine CD, die mit 434.738 Namen von Internet-Nutzern beschrieben ist, die sich auf der New-Horizons-Homepage für die „Send-Your-Name-to-Pluto“-Aktion angemeldet hatten, und eine 1991 ausgegebene US-Briefmarke mit der Aufschrift „Pluto Not Yet Explored“.[78] Es ist die Briefmarke, die bisher am weitesten gereist ist und damit auch den Guinness-Weltrekord hält.[79] An Bord befindet sich auch ein Gefäß mit etwa 30 Gramm Asche von Clyde Tombaugh, der Pluto 1930 entdeckte.[80]
Anlässlich des Vorbeiflugs an „Ultima Thule“ am 1. Januar 2019 veröffentlichte der Astrophysiker und Musiker Brian May ein offizielles Musikvideo mit dem Titel New Horizons (Ultima Thule Mix).
Es gab eine Planung für eine weitgehend baugleiche Sonde New Horizons 2, die Uranus und verschiedene KBO besuchen sollte. Nach der Planungsphase erhielt das Projekt keine Finanzierungszusage und wurde 2004 gestoppt. Bis zu dem damals geplanten Startzeitpunkt hätte vermutlich nicht genügend Plutonium für die RTGs zur Verfügung gestanden.
Gestartete Missionen:
Pioneer 10 (1972–2003) |
Pioneer 11 (1973–1995) |
Voyager 1 (1977–) |
Voyager 2 (1977–) |
Galileo (1989–2003) |
Ulysses (1990–2009) |
Cassini-Huygens (1997–2017) |
New Horizons (2006–) |
Juno (2011–) |
Lucy (2021–)
Kursiv geschriebene Missionen sind aktiv.
Geplante Missionen: JUICE (2023) | Europa Clipper (2024) | Dragonfly (2027) | Tianwen-4 (2030)